Weder in Deutschland noch in Frankreich - wo Håkan Nesser den Sommer
verbrachte - war es Ende Juni gerade besonders schattig und regnerisch, als
das Literaturportal schwedenkrimi.de sein erstes Telefon-Interview mit Håkan
Nesser führte. Thema: Natürlich der neue Roman "Die Schatten und der Regen"
- und wieso überhaupt Frankreich?
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Håkan
Nesser
Foto: Sebastian Bielke/ n:da |
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Literaturportal schwedenkrimi.de: Als ich dir eine Mail schrieb und um ein
Interview zu deinem neuen Roman "Die Schatten und der Regen" bat,
schriebst du zurück, du seiest den ganzen Sommer über in Frankreich.
Warum gerade Frankreich?
Håkan Nesser: Aus zwei Gründen. Zum einen mag ich die Bretagne
sehr. Die Landschaft ist fantastisch. Zum anderen schreibe ich gerade an einem
Buch, das 2007 veröffentlicht werden soll, und das spielt in der Bretagne.
Also bin ich auch hier, um ein bisschen Recherche zu betreiben.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Wo ist euer Hund in der Zwischenzeit?
Håkan Nesser: Norton? Norton ist bei uns, wir schmuggeln ihn überall
mit hin
Literaturportal schwedenkrimi.de: Ist der Frankreich-Aufenthalt denn mehr
Arbeit oder mehr Ferien?
Håkan Nesser: Fifty-fifty würde ich sagen. Ich schreibe morgens
bis in den Nachmittag hinein und dann machen wir etwas anderes, unternehmen
etwas gemeinsam.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Hast du deinen aktuellen Roman "Die
Schatten und der Regen" auch im Ausland geschrieben oder in Schweden?
Håkan Nesser: Den habe ich in Schweden geschrieben. Ich war zwar für
zwei Wochen in New York, wo ja auch ein Teil der Geschichte spielt, aber nur
zu Recherche-Zwecken. Ich musste mich einfach vor Ort umgucken, wie die Straßen
heißen, wo die Adressen zu finden sind usw.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Bekannt geworden bist du vor allem durch
die Van Veeteren Krimis und den Roman "Kim Novak badete nie im See von
Genezareth", von dem du selbst sagst, er sei gar kein Krimi, sondern
ein Jugendroman. Was ist denn "Die Schatten und der Regen" für
ein Roman? Krimi oder kein Krimi?
Håkan Nesser: Sowohl als auch, würde ich sagen - wie auch "Kim
Novak". Es findet sich ein bisschen Krimi in beiden, aber 100 Prozent
Krimis sind es nicht, vielleicht 50 Prozent Krimi und 50 Prozent Roman, würde
ich sagen
Literaturportal schwedenkrimi.de: Wie dem auch sei, du hast jedenfalls ein
weiteres Mal einen ungelösten Mordfall in den Mittelpunkt deiner Erzählung
gestellt. Was ist es, das dich immer wieder zu Mord und Totschlag zieht?
Håkan Nesser: Gute Frage! Ich pflege immer zu sagen, um über das
Leben schreiben zu können, muss der Tod stets anwesend sein. Er ist notwendig,
um über das Leben schreiben zu können. Außerdem möchte
ich, dass meine Romane spannend sind, und mit einem Mord mittendrin sind sie
spannend.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Wie entwickelte sich denn seinerzeit die
Geschichte zu "Die Schatten und der Regen"?
Håkan Nesser: Ich weiß noch, dass ich eine Geschichte schreiben
wollte, die vor langer Zeit begann, die lange in der Zeit zurückreicht.
Dann wollte ich wieder mal einen Mordfall haben und einen Mann, der zurückreist.
Es gibt viel, was man nicht weiß, wenn man anfängt, zu schreiben.
Aber jede Geschichte hat ihre eigene Logik und man muss ihr zuhören,
ihr nachspüren. Hört man auf diese Logik, dann schreibt sich die
Geschichte fast von selbst.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Das klingt sehr magisch
Dabei wirken
deine Romane immer sehr durchdacht und stringent komponiert.
Håkan Nesser: Ja, das klingt in der Tat ein wenig magisch, aber ich
plane tatsächlich nicht so viel, wie man glauben könnte. Der Plan
entsteht während der Arbeit an der Geschichte.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Nun hast du im letzten Jahr mit "Sein
letzter Fall" endgültig von Van Veeteren Abschied genommen. Worin
unterscheidet sich denn "Die Schatten und der Regen" für dich
persönlich am meisten von deinen vorangegangenen Romanen? War das eine
Art Neu-Anfang nach Van Veeteren?
Håkan Nesser: Ach nein, eigentlich nicht. Ich sehe jedes Buch als eine
Einheit. "Die Schatten und der Regen" mochte ich, als ich daran
schrieb und ich mag es immer noch sehr. Ich denke heute noch oft an Viktor
Vinblad. Viktor lebt noch immer in mir und ich bin sehr glücklich, das
Buch geschrieben zu haben.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Was genau ist es, dass dich an dem Buch
glücklich macht?
Håkan Nesser: Ich weiß eigentlich nicht genau warum, aber die
Geschichte ist irgendwie in mir geblieben. Ich denke an die Figuren, als habe
es sie tatsächlich gegeben, vor allem an Viktor denke ich so.
Literaturportal schwedenkrimi.de: Wirst du mit dem Buch auf Lesung in Deutschland
gehen?
Håkan Nesser: Nein, soweit ich bis jetzt weiß, werde ich nur
zu einem Krimi-Festival nach Hamburg im November reisen. Anne Holt wird auch
da sein.
Wir danken Håkan Nesser, dass er sich in seinem "50:50 Arbeitsurlaub"
die Zeit genommen hat, mit uns für dieses Interview zu telefonieren und
seiner Frau Elke, dass wir die gemeinsamen Nachmittags- und Abendstunden für
ein paar Minuten stören durften!