Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Broschiert
323 Seiten
Piper Verlag
Erscheinungsdatum:
Dezember 2005
ISBN: 3492245838
Übersetzung:
Günther Frauenlob
Originaltitel:
"En kule"
Kurzbeschreibung

Der neue Job in der Osloer Investmentgesellschaft kommt Mads Hammer gelegen. Schließlich ist ihm gekündigt worden, gerade jetzt, als seine Frau Line schwanger ist. Mit höchstem Einsatz stürzt er sich in die neuen Aufgaben. Daß er dabei seine Beziehung aufs Spiel setzt, merkt er erst, als es zu spät ist. Doch damit nicht genug: Mads stößt auf merkwürdige Vorgänge in seiner Firma. Erst der Mord an einem Journalisten zwingt ihn zum Handeln. Dabei muß er feststellen, daß er selbst als Sündenbock für einen gigantischen Aktienschwindel herhalten soll. Jetzt bleibt ihm nur die Flucht …

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Leseprobe

1

Mads Hammer saß auf der äußersten Kante des Ledersofas und stützte sich mit den Ellbogen auf den Oberschenkeln ab. Konzentriert lauschte er dem Mann, der vor ihm auf dem Stuhl saß.
Niels August Henriksen, Geschäftsführer der Firma Finanzpartner AG, lehnte sich zurück und atmete den Rauch seines Zigarillos durch die Mundwinkel aus. Er ließ Mads nicht eine Sekunde aus den Augen.
Es war frühmorgens. Vor den Panoramafenstern ging die Sonne auf und tauchte die Festung Akershus jenseits des Hafens in morgendliches Licht. Sie saßen in einem der größten und mondänsten Büros von Aker Brygge, dem Stadtteil mit den teuersten Räumlichkeiten in Oslo. Doch Mads dachte weder an das Büro noch an die Aussicht.
"Eine Sache müssen Sie wissen, Hammer", sagte Henriksen. Seine Stimme war heiser und laut.
"Es gibt eine ganze Reihe von Investmentgesellschaften in Oslo. Überall dort arbeiten Personen mit einem gewaltigen Ego, die sich für die besten der Welt halten. Sie verdienen ein paar Millionen im Jahr und sehen das als Bestätigung dafür, daß sie viel schlauer sind als die meisten anderen in diesem Land."
Mads schluckte. Noch vor zwei Tagen war er arbeitslos gewesen.
"Die Wahrheit ist, daß die meisten von ihnen Arschkriecher sind, Schafe, ohne Verstand und ohne Gespür für das Geniale. Ihnen fehlt die Fähigkeit, in großen Maßstäben zu denken. In wirklich großen! Verstehen Sie mich? "
Mads nickte vorsichtig und schluckte erneut. Er hatte eine neue Chance bekommen, die Chance seines Lebens, das wirklich große Geld zu machen. Wenn alles gut lief, würde er in wenigen Jahren ein Gehalt in siebenstelliger Höhe einstreichen. In sechs oder sieben Jahren konnte er Gesellschafter werden und mit einem achtstelligen Gehalt rechnen.
Er hatte Glück gehabt. Die Firma Finanzpartner gehörte zu den wichtigsten Investmentgesellschaften Oslos. Er konnte es kaum glauben, daß er hier saß.
Henriksen war zierlich, hatte markante Gesichtszüge und volles graues Haar, das nach hinten gekämmt war. Wie immer war er tadellos gekleidet - mit einem schwarzen Anzug und einem kreideweißen, frisch gebügelten Hemd. Der Rauch quoll stoßweise aus seinem Mund, während er fortfuhr: "Es gibt nur einige wenige Große in dieser Branche. Von ihnen lebt der Rest der Schafherde, in deren Glanz sonnt sie sich."
Er klopfte die Asche in den Kristallaschenbecher, beugte sich zu Mads vor und sah ihm tief in die Augen.
"Den Schafen in unserer Branche fehlt etwas Essentielles. Gute Schulnoten und Hartnäckigkeit - das reicht nicht. Sie brauchen komplexere Fähigkeiten."
Mads lehnte sich vorsichtig zurück. Seine Hände schoben sich in die Ritzen des Ledersofas und krallten sich fest.
Arbeitslos sein, das war etwas für Fünfzigjährige draußen in der Provinz. Daß es ausgerechnet ihm passieren würde, mit achtundzwanzig Jahren und als Angestellter von Stockholm Securities, einer der renommiertesten schwedischen Investmentbanken, war schlichtweg undenkbar gewesen. Stockholm Securities - der Name hatte einen ganz besonderen Klang, und das weit über die Grenzen Schwedens hinweg.
"Man braucht drei Dinge, Hammer. Erstens einen Kopf, der schneller denkt und mehr Kapazität hat als die Köpfe der Konkurrenten. Man muß sein Fach beherrschen, die Spielregeln kennen, kreativ und lösungsorientiert sein. Ein guter Kopf ist eine Notwendigkeit, aber alles andere als ausreichend. Da können sogar noch einige von den Schafen mithalten." Henriksen lächelte zum ersten Mal seit langem. Doch das Lächeln verschwand ebenso schnell, wie es gekommen war.
"Zweitens muß man in der Lage sein, sein Herz zu gebrauchen. In vielen Situationen ist das Herz tatsächlich das wichtigste Arbeitsmittel. Man muß es verstehen, sich in einen Klienten hineinzuversetzen und mit Gefühl und Verständnis zu reagieren. Niemand, wirklich niemand wird bereit sein, etwas von Ihnen zu kaufen, wenn Sie nicht wenigstens ein Minimum an Herz zeigen. "

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Buchvorstellung
Leseprobe

Mads mußte zu Boden blicken. Er konnte Henriksens intensiven Blick nicht allzulange ertragen.
Die Meldung, daß das Osloer Büro von Stockholm Securities geschlossen werden würde, war für die fünfzig Angestellten ein Schock gewesen. Die Geschäftsführung des Stockholmer Hauptsitzes teilte mit, daß das Büro in Oslo ein Strategiefehler gewesen sei - das war der offizielle Wortlaut. In Wirklichkeit war es Stockholm Securities nie so recht gelungen, auf dem norwegischen Markt Fuß zu fassen. Aus diesem Grund wurde in Norwegen kein Geld eingespielt, weder im Aktienhandel noch im Corporate Finance. Die schwedische Geschäftsführung war zu schwach. Die Händler, die sie an sich banden, bekamen hohe, feste Gehälter und Firmenwagen der Luxusklasse. Zu guter Letzt tat keiner mehr etwas. Die besten Deals machten die Händler privat. Drei Jahre nachdem die Osloer Niederlassung ins Leben gerufen worden war, wurde allen gekündigt und das Büro im Lauf weniger Wochen geschlossen.
Die Nachricht von der Kündigung war zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt gekommen. Line war schwanger. Was würde geschehen, wenn sie in Mutterschutz ging? Sie arbeitete als Programmiererin in der IT-Branche und erhielt dort reichlich Aktienoptionen, hatte aber ein relativ geringes Grundgehalt, und für die Optionen konnten sie sich nichts kaufen. Eher im Gegenteil. Vorläufig hatten sie ihnen bloß zusätzliche Steuern beschert. Mit ihrem geringen Grundgehalt würden sie nicht lange zurechtkommen. Außerdem war ihr Vater der Ansicht, es sei die Pflicht des Ehemannes, die Familie zu versorgen.
Nimm es nicht so schwer, Mads. Du bist nicht der erste, der arbeitslos geworden ist, hatte Line gesagt. Sie begriff nicht, wie sehr es ihn quälte, keinen Job zu haben.
Sie hätten sparsamer sein sollen, natürlich. Die teuren Restaurantbesuche waren nicht nötig gewesen, ebenso wenig die Wochenenden im Ausland, die Designerklamotten und der Schmuck. Doch das Schlimmste war der Gedanke daran, was sein Schwiegervater sagen würde. Wie er die Hiobsbotschaft wohl bei seinen Bekannten in der Freimaurerloge verbreiten würde. Ganz deutlich glaubte er die nasale Stimme seines Schwiegervaters zu vernehmen:
"Hören Sie, Richter Lorentzen, ich muß Ihnen von meinem Schwiegersohn erzählen. Wußten Sie schon, daß ihm gekündigt wurde? Allmählich glaube ich wirklich, daß er nichts taugt. Es wird noch damit enden, daß meine Tochter ihn versorgen muß."
Alles in ihm zog sich zusammen.
Auch bei den Personalagenturen hatte niemand angebissen, ein paar Wochen nach seiner Bewerbung war ein dünner Brief gekommen, in dem sie ihm für sein Interesse dankten und mitteilten, daß sie zur Zeit keine freien Stellen anzubieten hätten.


Buchtipp
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Doch dann hatte das Telefon geklingelt. Ein Personalvermittlungsbüro, das er gar nicht angeschrieben hatte. Ob er sich eine Anstellung als Berater im Corporate-Finance-Bereich vorstellen könne? Er hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. Fünf Tage und zwei Gespräche später hatte er das Angebot in der Tasche.
"ihr Kunde investiert nicht einfach in eine Aktie, er kauft sich das Gefühl, am Glück teilzuhaben." Henriksen deutete mit dem Zeigefinger auf Mads. "Ihre Fähigkeit, die Gefühle und Bedürfnisse der anderen zu verstehen, bedeutet alles. Das ist es, was den Schafen fehlt. Sie wissen nichts über die Bedeutung des Herzens bei solchen Geschäften."
Er machte eine kleine Pause, in der er Mads betrachtete und herumrätselte, was wohl im Kopf dieses gutgekleideten, hübschen jungen Mannes vor sich ging.
Sie hatten alle Informationen über ihn eingeholt. Mads war mit Line verheiratet, einer sechsundzwanzigjährigen WAP-Programmiererin bei Schibsted Telecom. Sie wohnten in einer Dreizimmerwohnung im Osloer Stadtteil Briskeby. Ihre Miete betrug gut zehntausend Kronen im Monat. Fünfundzwanzigtausend hatten sie auf dem Sparbuch und zwanzigtausend in Anteilen an einem Aktienfonds. Der Kredit, den sie für ihr Studium aufgenommen hatten, belief sich auf insgesamt dreihundertfünfzigtausend Kronen. Sie fuhren einen zwölf Jahre alten Mercedes. Mads war sportlich, lief gerne und hatte früher einmal auf Kurzstrecke trainiert. Als Jugendlicher war er zeitweise auf die schiefe Bahn geraten: Mit siebzehn hatte er eine Bewährungsstrafe für Einbrüche in Wochenendhäuschen und Geschäfte bekommen. Er wurde auch verdächtigt, hinter einer Reihe von Autodiebstählen gestanden zu haben. Doch solche Erfahrungen waren nicht immer von Nachteil, dachte Henriksen und drückte langsam seinen Zigarillo aus.
"Die dritte Eigenschaft ist die wichtigste. Sie ist es, die letztlich die Besten von den Mittelmäßigen abhebt. Verstehen Sie mich nicht falsch, Kopf und Herz sind wichtig. Aber ohne die dritte Eigenschaft taugen Sie gar nichts, Hammer."
Den letzten Satz flüsterte er fast, hob seine Augenbrauen und sah zu Mads hinüber, der offensichtlich keine Ahnung hatte, worum es ging.
"Man muß es zwischen den Beinen haben. Man braucht einen Schwanz !" Er packte sich selbst fest zwischen die Beine und starrte sein Gegenüber an.
"Ohne Schwanz ist man ein Nichts. Sie müssen so geil auf das sein, was Sie haben wollen, daß nichts Sie stoppen kann, koste es, was es wolle! Ohne Ständer ist man nichts als ein armes Würstchen!"
Mads blickte zu Boden. Er fand es unangenehm und merkwürdig, daß ihn sein neuer Chef derart anstarrte und sich selbst dabei zwischen die Beine griff.
Henriksen ging zum Fenster und sah hinaus, während er fortfuhr:
"Man braucht Kopf, Herz und Schwanz, um einen wirklichen Coup zu landen." Er hatte seine Stimme wieder gesenkt und sprach wie zu sich selbst. "Für die meisten Investmentbanker sind alle Deals über ein paar Millionen richtige Coups."
Mads schwitzte. Die Probezeit sollte sechs Monate dauern. Danach mußten Henriksen und die anderen Gesellschafter überzeugt sein, daß er, Mads Hammer, Kopf, Herz und Schwanz am rechten Fleck hatte.
Mit einem Ruck drehte Henriksen sich um.
"Schafe!" rief er und schlug mit der Hand derart fest auf die Glasplatte des Tisches, daß die Kaffeetassen bedrohlich klirrten. Mads zuckte zusammen und sah erschrocken zu Henriksen auf. "Für uns Finanzpartner beginnt ein Coup bei Hundert! Hundert Millionen Kronen! Meinen Sie, daß Sie das in Ihren Kopf kriegen, Hammer ?"
Henriksen beugte sich über die Tischplatte. Sein Kopf war nur noch wenige Zentimeter von Mads' Gesicht entfernt. Aus seinem Mund roch es unangenehm nach Zigarillo.
"Was sind Sie für einer, Hammer? Sind Sie einer von denen, die einen Coup landen können?

Danke an den Piper Verlag für die Veröffentlichungserlaubnis.
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